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Selbstportrait
Selbstportrait

Ich wurde gefragt, etwas über mich zu erzählen und dies auf meiner Website zu veröffentlichen. Nun ja, womit fange ich an? Was erzähle ich? Wieviel? Worüber? Tausend Fragen die ich mir stellte schossen mir durch den Kopf. Welche Fragen soll ich beantworten?

So kam ich auf die Idee: Möge doch derjenige, der etwas wissen will, die Fragen stellen und ich werde sie beantworten.

So kam es zu dem folgenden Interview.

Wenn irgendein Mensch, den ich aus irgendeinem Grund bewundere, meine Ansichten bereits in Worte gekleidet hat, so werde ich dieser Person, als Zeichen meiner Wertschätzung, den Vortritt lassen, ihn zitieren und dieses dann auch kennzeichnen.

Frage 1: Wer bist Du?

Antwort: Ein Mensch.

Frage 2: Mmmh. Kannst Du das/Dich näher beschreiben?

Antwort: Ja! Ich heiße Nicolaas Meijboom, kam vor einiger Zeit in den Niederlanden auf die Welt. Verbrachte Teile meiner Jungend und meines Erwachsenen Alters in den Niederlanden und in Deutschland – lebte und lebe also zwischen zwei Welten.

Frage 3: Wo ist Deine Heimat?

Antwort:  “Heimat ist ein Ort, an dem noch niemand gewesen ist.” Sagte Ernst Bloch. Der ukrainische Regisseur Andriy Zholdak (АНДРІЙ ЖОЛДАК) meinte gar “Künstler haben keine Heimat.”

Frage 4: Du heißt “Meijboom”, genau wie der niederländische Fotograf bzw. Hoffotograf Marius Meijboom. Bist Du mit dem verwandt?

Antwort: ja.

Frage 5:  Siehst Du Dich selbst als Künstler?

Antwort: Joseph Beuys äusserte sich hierüber wie folgt: “Jeder Mensch ist Künstler.” Du und ich also auch.

Frage 6: Dann stelle ich Dir die Frage:  wie definierst Du Kunst?

Antwort: Um wieder mit Joseph Beuys zu sprechen: “Kunst ist, was man zu Kunst erklärt.” Und Pablo Picasso meinte: “Kunst ist eine Lüge, die uns die Wahrheit erkennen lässt.” Der amerikanische Künstler Jeff Koons antwortete auf eine ähnliche Frage einst mit: “Art happens within the viewer.” Also nicht der “Künstler” schafft die “Kunst”, sondern sein Betrachter, also Du. Folgt man dem Spruch, den die große französiche Künstlerin und Fotografin Bettina Rheims in ihrem Büro hängen hat “Art is a word”, so wird es schon einfacher, oder?

Frage 7: Ich weiß nicht. Das klingt alles merkwürdig. Einerseits ist jeder “Künstler” und andererseits ist es so kryptisch, als sei Kunst elitär, in irgendwelchen Kunsttempeln zu Hause. Findest Du nicht auch manchmal dass Kunst elitär ist?

Antwort: Tja, hier möchte ich gerne den deutschen Komponisten und Autor Hans Werner Henze zitieren, der da sagte: “Natürlich ist Kunst elitär. Ich möchte aber, dass alle Leute Elite werden, darum geht es doch!”

Frage 8: Kann man Kunst nicht von ´können´ ableiten. So dass Können den Künstler und die Kunst definiert?

Antwort: Das ist meiner Meinung nach zu ungenau. Der in Japan geborene deutsche Maler und Bildhauer Jonathan Meese sagte einmal: “Man sollte Kunst nicht mit Können belästigen.” Der Mensch kann zum Mond fliegen – ist das Kunst? Wäre es nicht viel “künstlerischer”, wenn der Mensch garnicht zum Mond fliegen könnte, aber jeder würde glauben es wäre so? Dann lebten wir in einer künstlichen Welt. “Kunst” käme dann nicht von “Können” (müsste es dann nicht auch “Könst” heißen – vielleicht gar mit doppel-n – “Könnst”?) sondern von “künstlich”, im Englischen auch “art” und “artificial”.

Frage 9: Wie ist es dann mit der “Reinheit” der Kunst. Die Kunst als etwas edles, reines, keusches, abgehoben von der schnöden Welt.

Antwort: Bevor Du völlig ins Schwärmen gerätst oder gar kitschige Clichés bemühst, möchte ich wieder ein Zitat einstreuen. Diesmal von dem schweizer Bildhauer und Zeichner Roman Signer: “Kunst ist nicht rein und keusch – Kunst wird gekauft und verkauft.”

Frage 10: Ich merke, wir kommen hier so nicht weiter. Du fotografierst. Was ist für Dich “Fotografie”?

Antwort: Fotografie ist gelogene Wahrheit. Oder anders gesagt: Die Wahrheit der Fotografie ist die Lüge. Auch ohne aufwendige Bildbearbeitungsprogramme bilden die Objektive der Kameras nichts “objektiv” ab. Jedes Bild das wir sehen löst Gefühle aus. Diese Emotionen ziehen das Bild in eine bestimmte subjektive Richtung. “Objektiv” ist das nicht. Wenn man bedenkt, dass der Sehsinn 80% unserer Wahrnehmung liefert, die anderen vier Sinne zusammen nur 20%, so fand die Gehirnforschung heraus, dann sieht man, wie wichtig die visuellen Medien in unserem Leben sind.

Frage 11: Ist diese “Wichtigkeit” auch ein Grund für Dich, Dich mit der Fotografie zu beschäftigen?

Antwort: Ich beschäftige mich ja nicht ausschließlich mit Fotografie. Aber ich habe damit schon früh angefangen. Und irgendwie kann ich nicht ohne. Was bei dem großartigen russischen Schriftsteller Anton Pavlovich Chekhov (Антон Павлович  Чехов) für das Schreiben galt, gilt für mich bei der Fotografie. Chekhov sagte einst: “Ich schreibe so, wie ein Mondsüchtiger mondsüchtig ist.”

Frage 12: Wie viele Fragen darf ich Dir überhaupt stellen?

Antwort: Nun, ich bin keine “Gute Fee”, und mehr als drei waren es wohl auch schon. Frage ruhig weiter. Wenn ich nicht mehr antworten möchte werde ich es Dir unverblühmt sagen.

Frage 13: Danke. Da bringt mich die ”Gute Fee”, die Du gerade erwähntest und das Betrachten Deiner Bilder auf die nächste Frage: In wie weit spielt für Dich bei der Fotografie die Fantasie eine Rolle? Eine Abbildung der Realität ist es wohl nicht.

Antwort: Wie schon gesagt: Objektivität gibt es nicht, das gilt dann auch für die “Realität” oder für das was wir dafür halten. Der Unterschied zwischen Malerei und Fotografie ist also keineswegs ein vermeintlich anderer “Realitätsgehalt”. Es ist lediglich ein anderes “Betrugsmittel”, wenn man es böse formulieren möchte. Positiver formuliert könnte man das Wort “Hilfsmittel” verwenden. Es geht mir um “Erkennen”. Fotografie also als “Hilfsmittel der Erkenntnis”, das klingt sehr pathetisch. Was ich meine ist folgendes. Ein chinesisches Sprichwort sagt: “Mit den Augen alleine kann man nicht erkennen.” Man muss vor allem Fragen stellen, die 20% Wahrnehmung aktivieren, die noch nicht durch “Sehen” manipuliert sind und kombinieren. Die Fantasie öffnet hier Tore. Schon der deutsche Physiker Albert Einstein sagte: “Fantasie ist wichtiger als Wissen, denn Wissen ist begrenzt, Fantasie ist unendlich.”

Frage 14: Du möchtest also die Welt in der wir leben besser verstehen und erkennen.

Antwort: Ja. Vom britischen Schriftsteller Aldous Leonard Huxley las ich einst die Zeilen, die mich auf eine Art beunruhigten, auf eine andere Art aber auch inspirierten: “Vielleicht ist diese Welt ja nur die Hölle eines anderen Planeten”. Ein anderer Spruch der mir da einfällt ist: Die Welt der Kunst ist eine Welt des Traumes.

Frage 15: Du sagtest gerade “inspirierten”. Wodurch lässt Du Dich in Deinem Werk inspirieren?

Antwort: Eigentlich durch alle Formen der Wahrnehmung. Ich lerne gerne Sprachen, lese gerne, schaue gerne Filme der Nouvelle Vague. Zum Beispiel von Claude Chabrol, François Truffaut, Jean-Luc Godard. Die Bildende Kunst ist natürlich auch eine Quelle der Inspiration. Hier gefallen mir besonders die Surrealisten René Magritte oder Salvador Dalí. Ich höre auch gerne Musik beim Sammeln von Ideen.

Frage 16: Welche Musik hörst du denn gern?

Antwort: Das ist stark abhängig von der Stimmung. Johann Sebastian Bach, Rammstein, Inextremo, Leonard Cohen, Corvus Corax, Georg Friedrich Händel, Normaal, Kate Bush, Kajto (eine Niederländische Gruppe die in Esperanto singt) und noch vieles mehr. Bei dieser Gelegenheit möchte ich eben allen Esperantisten – miaj karaj gesamideanoj – bonan tagon wünschen.

Frage 17: Ich möchte noch mal eben auf das zurück kommen was wir vorhin sagten. Das mit dem Erkennen. Kannst Du dem Betrachter Deiner Bilder etwas an die Hand geben wie er Deine Werke verstehen oder interpretieren kann?

Antwort: Hier möchte ich Johann Wolfgang von Goethe zitieren der da weiland formulierte: “Bilde Künstler, erkläre nicht!”

Frage 18: Du gibst der Welt also Bilder die sie selber interpretieren sollen, ohne Hilfestellung?

Antwort: Ja, das ist der Kommunikation immanent. Ich tue meinen Teil der Kommunikation indem ich die Bilder aus meinem Kopf hole und der Betrachter darf nun seinen Teil dazu beitragen. Das Gegenüber ist bei jeder Form der Kommunikation auf sich gestellt, Fotografie ist nun mal eine Form der nonverbalen Kommunikation. Der englische Cartoonist Glen Baxter sagte hierüber: “Zeichnen ist eine faszinierende Art zu Kommunizieren, ohne den Mund bewegen zu müssen.”

Frage 19: Du hast auf Deiner Site auch eine Rubrik “Surreales“, was ist für Dich Surrealismus?

Antwort: Surrealismus ist der Flirt mit dem Wahnsinn. Da surreal “über der Wirklichkeit” bedeutet, es Realität aber nicht gibt, ist alles surreal – eine ständiger Flirt mit dem Wahnsinn.

Frage 20: In Deiner Rubrik “Natur“ sah ich auch Landschaftsbilder. Was versuchst Du hier abzubilden?

Antwort: Auch hier möchte ich wieder einen Menschen zitieren, den ich sehr schätze. Christian Morgenstern schrieb in seinem Werk “Stufen“ den schönen Satz: “Jede Landschaft hat ihre eigene, besondere Seele.” Diese Seele versuche ich einzufangen.

Frage 21: Würdest Du von einem “guten Bild“ sprechen, wenn es die Seele eingefangen hat?

Antwort: Lass mich hier den deutschen Moderator und Journalisten Gert Scobel zitieren der in meiner Lieblingssendung “Kulturzeit“ einmal sagte: “Gute Fotos sind Bilder die leben.” Ein lebendes Bild hat Seele, und nicht nur das, gute Bilder sind optische Streicheleinheiten für die Seele.

Frage 22: Wann ist ein Bild für Dich “geschmackvoll“?

Antwort: In der eben erwähnten Sendung Kulturzeit hörte ich einst den Satz: “Geschmack ist das Gespür für das richtige Maß.”

Frage 23: Wie würdest Du den Prozess vom leeren Blatt zum Kunstwerk beschreiben?

Antwort: “Es braucht List um ein Bild zu malen, grad als ob man ein Verbrechen begeht”, sagte einst Edgar Degas.

Frage 24: Warum passen Deine Bilder nicht immer auf Standard-Formate, wäre doch schön, für den Fall dass man einen passenden Rahmen sucht?

Antwort: Die Kunst, oder die Kreativität im allgemeinen, sollte sich nicht der Diktatur der Norm, in diesem Fall der DIN-Norm, unterwerfen.

Frage 25: In wie weit versuchst Du den Zeitgeist in Deinen Bildern zu integrieren?

Antwort: Wenn Du mit Zeitgeist das Tun und Lassen der Mitmenschen meinst so versuche ich dies kritisch zu erkennen und meine Interpretation und Meinung in meinen Bildern darzustellen. Zeitgeist im Sinne von “Geschmack der Zeit“ interessiert mich nicht. Was die Menschen mögen sehe ich täglich und das aller wenigste davon gefällt mir. Außerdem habe ich etwas gegen den Ausdruck “integrieren”. Das erinnert mich immer an die Bork aus Star Trek, die alles zu einem Einheitsbrei assimilieren. Da ich von meinen Bildern aber nicht leben muss, kann ich mir den Luxus erlauben, und mich dem Satz der Theaterwelt “Wer seinem Publikum hinterher läuft sieht nur deren Ärsche.” erfreuen.  

Frage 26: Du bist also nicht Hauptberuflich Fotograf?

Antwort: Nein. Fotografie ist mein Hobby. “Hobbys sind Steckenpferde die den Reitern die Sporen geben.”, meinte Heinz Rühmann einmal dazu. Andere behaupten gar dass “Hobby“ nur ein anderes Wort für ‘psychische Störung’ sei.

Frage 27: Darf ich Dir nun noch ein paar private Fragen stellen?

Antwort: Mein Vater pflegte dann zu sagen: “Fragen darfs Du immer, erwarte aber nicht immer eine Antwort! “

Frage 28: Wie muss ich mir Deine Wohnung vorstellen?

Antwort: Der kanadische Fotograf Robert Polidori, der haupsächlich durch seine Architekturfotografie bekannt ist, sagte: “Die Wohnung ist der Spiegel des Egos.”

Frage 29: Was machst Du Abends oder Nachts, wenn Du nicht an Deinen Bildern Arbeitest und nicht schläfst?

Antwort: Nachts verwandle ich mich immer in einen Werdackel, oder schreibe Texte oder gehe meinen anderen Hobbys nach.

Frage 30: Was würdest Du einem anderen raten der auch etwas mit Kunst machen möchte?

Antwort: Sei du selbst, es gibt schon genug Andere! Ödön von Horváth schrieb einst “Eigentlich bin ich ganz anders – nur komme ich so selten dazu.” Versuche mehr dazu zu kommen! Ein altes chinesisches Sprichwort sagt: “Wenn ein Mensch seinen Weg findet, ist der Himmel mit ihm.”

Frage 31: Was sind Deine nächsten Pläne?

Antwort: Ich will versuchen meinen Kopf zu leeren und alles in Bildform oder als Texte niederzulegen. 

 

Ich bedanke mich für das Interview.

"Without art, the crudeness of reality would make the world unbearable."                          George Bernard Shaw